Suche

StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn
1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,
1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn
1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.
(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Besonders schwere Brandstiftung Qualifikation (§ 306b II StGB i.V.m. Grundtatbestand)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Qualifikation der besonders schweren Brandstiftung (§ 306b StGB): Bestraft wird, wer in den Fällen der schweren Brandstiftung (§ 306a StGB) einen anderen Menschen in die konkrete Gefahr des Todes bringt (Nr. 1), in der Absicht der Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat handelt (Nr. 2) oder die Brandlöschung verhindert oder erschwert (Nr. 3).

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Objektiver Tatbestand des Grunddelikts (§ 306a I oder II StGB)
  5. Objektiver Tatbestand der Qualifikation (§ 306b II StGB)
  6. Nr. 1: Konkrete Gefahr des Todes eines anderen Menschen
  7. Nr. 2: Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht bzgl. einer anderen Straftat
  8. Nr. 3: Verhinderung oder Erschwerung der Brandlöschung
  9. Subjektiver Tatbestand
  10. Subjektiver Tatbestand des Grunddelikts
  11. Subjektiver Tatbestand der Qualifikation
  12. Rechtswidrigkeit
  13. Schuld
  14. Strafzumessung bei tätiger Reue (§ 306e StGB)

 

  • Deliktart
    Qualifikation

 

  • § 306b II StGB stellt eine Qualifikation der § 306a I (abstraktes Gefährdungsdelikt) und § 306a II (konkretes Gefährdungsdelikt) StGB dar.
  • § 306b I enthält hingegen eine Erfolgsqualifikation (siehe das Schema dort).

Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).

Ist die Qualifikation erfüllt, können die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes geprüft werden. Aufgrund der Komplexität der Brandstiftungsdelikte empfiehlt sich jedoch i.d.R. eine getrennte Prüfung. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich in jedem Fall eine getrennte Prüfung.

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Objektiver Tatbestand des Grunddelikts (§ 306a I oder II StGB)

Hier Prüfung bzw. (bei getrenntem Aufbau) Verweis auf die vorherige Prüfung eines der Grunddelikte (§ 306a I oder II StGB).

 

Objektiver Tatbestand der Qualifikation (§ 306b II StGB)

Nr. 1: Konkrete Gefahr des Todes eines anderen Menschen

Es handelt sich um ein konkretes Gefährdungsdelikt, bei dem der Täter einen anderen Menschen durch die Tat in die konkrete Gefahr des Todes bringt.

Konkrete Gefahr des Todes = Nichteintritt des Todes hängt lediglich vom rettenden Zufall ab.

Erforderlich ist hier zusätzlich ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang (Arg: Wortlaut „durch die Tat“). Die konkrete Gefahr des Todes muss gerade die (typische) Folge der Brandstiftung sein.

Besteht ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang bei sog. ‚Retterschäden‘?

Problem: Rettungswillige begeben sich freiwillig und sehenden Auges in den Gefahrenbereich (zurück).

→ Siehe das Schema Schwere Brandstiftung (§ 306a II StGB)

Kann auch ein Tatbeteiligter „anderer Mensch“ sein?

→ Siehe das Schema Schwere Brandstiftung (§ 306a II StGB)

 

 

Nr. 2: Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht bzgl. einer anderen Straftat

Begriff der Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht entspricht dem in § 211 StGB (siehe das Schema dort); nicht notwendig ist eine eigene Straftat.

Stellt ein späterer Versicherungsmissbrauch (§§ 263, 265) eine ‚andere Tat‘ dar?

Beispiel: A zündet sein marodes Haus an, um von seiner Brandschutzversicherung eine satte Erstattung zu erhalten.

  • e.A.: (-) Keine ‚andere Tat‘
    (pro) Systematik: Die Folgetaten (§ 263 und § 265 StGB) beinhalten die Brandstiftung.

  • Rspr.: (+/-) Differenzierung

    • (-) Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB) ist keine ‚andere Tat‘, da sich auch diese Tathandlung in der Zerstörung der versicherten Sache erschöpft.

    • (+) Versicherungsbetrug (§ 263 I, III 2 Nr. 5 StGB) ist ‚andere Tat‘, da hier als Tathandlung zusätzlich (nachdem die Sache zerstört wurde) das Vortäuschen eines Versicherungsfalles erforderlich ist.

Erfordert die Ermöglichungsabsicht die Ausnutzung der spezifischen Brandgefahr?

Beispiel 1: A legt einen Brand, um den herbeieilenden Feuerwehrmann F zu töten (§ 211 StGB).
Beispiel 2: A legt einen Brand, um Tage später einen Versicherungsbetrug (§ 263 I, II Nr. 5 StGB) zu begehen.

  • e.A.: (+) Ja, Ausnutzung der spezifischen Brandgefahr erforderlich
    Nach Vorstellung des Täters müssen die spezifischen Auswirkungen der gemeingefährlichen Situation die Begehung der anderen Tat i.S.e. zeitlichen, räumlichen und sachlichen Zusammenhangs begünstigen.
    → (+) Beispiel 1; (-) Beispiel 2

  • Rspr.: (–) Nein, Ausnutzung der spezifischen Brandgefahr nicht erforderlich
    (pro) Telos: Der Unwert der schweren Brandstiftung liegt bereits darin, dass sie inklusive ihrer Gefährlichkeit in Kauf genommen wird, um andere kriminelle Ziele zu verwirklichen; Systematik/Wortlaut: Die Formulierung „in den Fällen des § 306a“ lässt einen weiten Bezug zur Brandstiftung zu (Wortlaut nicht etwa so eng formuliert wie Nr. 1, der mit „durch die Tat“ einen tatspezifischen Gefahrzusammenhang erfordert) 
    (+) Beispiel 1; (+) Beispiel 2

 

Nr. 3: Verhinderung oder Erschwerung der Brandlöschung

Rspr.: Restriktive Auslegung aufgrund des hohen Strafrahmens (mindestens 5 Jahre = Totschlag).

Die anderenfalls bestehende Chance auf ein erfolgreiches Löschen des Brandes müssen demnach erheblich verschlechtert worden sein, insbesondere muss sich das Löschen zeitlich relevant verzögert haben.

 

 

Subjektiver Tatbestand

Subjektiver Tatbestand des Grunddelikts

Hier Prüfung bzw. (bei getrenntem Aufbau) Verweis auf die vorherige Prüfung eines der Grunddelikte (§ 306a I oder II StGB).

 

Subjektiver Tatbestand der Qualifikation

  • Bei Nr. 1 und 3 bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) ausreichend
  • Bei Nr. 2 Absicht (dolus directus 1. Grades) erforderlich

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

Beachte jedoch vorliegend: Anders als bei § 306 I StGB kommt eine Einwilligung von Seiten des Eigentümers nicht in Betracht (Arg.: Schutzgut ist nicht das Eigentum).

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung bei tätiger Reue (§ 306e StGB)

  • Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
  • vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h....
    • bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.)
    • bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr.

 

Zuletzt bearbeitet: